Aktuell kursiert das Gerücht, dass Retinol in der EU für Kosmetikprodukte verboten werden soll. Aber stimmt das auch? Die kurze Antwort ist: nein. Allerdings wird es für Retinol, Retinylpalmitat und Retinylacetat maximale Einsatzkonzentrationen samt Hinweis auf der Verpackung geben. Hierzu liegt auch ein Verordnungsentwurf vor, der wahrscheinlich diesen Dezember in Kraft treten wird.
Warum soll es diese Einschränkung für Retinol & Co. geben?
Hier geht’s vor allem um die tägliche Aufnahme von Vitamin A. Denn laut SCCS könnte bei fünf Prozent der Bevölkerung eine Überdosierung vorliegen – hauptsächlich durch Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel. Deshalb soll deren tägliche Exposition nicht zusätzlich durch Kosmetik ausgereizt werden.
Welche Konzentrationen sind zulässig?
In Bodylotion wird sich die maximale Einsatzkonzentration auf 0,05 % RE (Retinol Equivalent) und bei allen anderen kosmetischen Mitteln auf 0,3 % RE belaufen.
Umrechnung in Retinoläquivalente (RE)
Stoff (INCI-Bezeichnung) | Vitamin A Aktivität in Retinoläquivalenten (μg RE) |
---|---|
Retinol (1 mg) | 1000 |
Retinyl Acetate (1 mg) | 870 |
Retinyl Palmitate (1 mg) | 550 |
Zwei Rechenbeispiele
In einer 50 g Gesichtscreme ist 0,2 % Retinylacetat enthalten. Somit sind 0,1 g (100 mg) Retinylacetat in dem Produkt vorzufinden. Das entspricht 87 mg RE. Und 87 mg RE von 50 g sind 0,174 % RE, sprich die Konzentration bewegt sich im zulässigen Rahmen.
In einem 30 g Serum fürs Gesicht befindet sich 1 % Nano-Retinol mit folgender Zusammensetzung: Retinol (and) Tocopheryl Acetate (and) Alcohol (and) Citric Acid (and) Sodium Benzoate (and) Potassium Ascorbate (and) Xanthan Gum. Der Rohstoffhersteller gibt den Retinolanteil mit 0,3 bis 0,4 % an. Im Serum ist 0,3 g Nano-Retinol enthalten und somit 0,9 mg bis 1,2 mg Retinol. Die Einsatzkonzentration des Retinols liegt zwischen 0,003 und 0,004 %, das heißt auch hier im zulässigen Bereich.
Was die neue Regelung nicht bedeutet
Diese Verordnung ist kein Beweis dafür, dass Kosmetikprodukte mit Retinol, Retinylacetat oder Retinylpalmitat per se gefährlich oder gar schädlich für die Gesundheit sind! Wer das behauptet, verbreitet Fehlinformationen und sorgt unnötigerweise für Panik. Hierbei handelt es sich schlichtweg um eine Präventivmaßnahme, die auf Grundlage neuer Daten getroffen wurde.
Meine Meinung
Die neue Regelung ist für mich persönlich nur zum Teil nachvollziehbar denn wie das SCCS unter anderem anmerkt, müsste auch im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel noch einiges passieren um einer Vitamin-A Überdosierung der Bevölkerung entgegenzuwirken. Denn mit Kosmetik allein ist es nicht möglich die Empfehlungen zu überschreiten. Ob der Hinweis „Enthält Vitamin-A ähnliche Bestandteile, die zur täglichen Vitamin-A Aufnahme beitragen“ auf Kosmetikprodukten mehr Awareness für dieses Thema schafft, bleibt abzuwarten. Für Unternehmen bedeutet das natürlich, dass bereits existierende Produkte eventuell umformuliert und Etiketten abgeändert werden müssen. Für solche Anpassungen werden meistens 36 Monate veranschlagt.
Quellen
Revision of the Scientific Opinion (SCCS/1576/16) on Vitamin A (Retinol, retinyl acetate, retinyl palmitate). (o. D.). Public Health. https://health.ec.europa.eu/publications/revision-scientific-opinion-sccs157616-vitamin-retinol-retinyl-acetate-retinyl-palmitate_en
Francesca-S. (2023). Which ingredients will be restricted in the European Union by the end of 2023? COSlaw.eu – Guiding through EU Cosmetics Regulations. https://coslaw.eu/which-ingredients-will-be-restricted-in-the-european-union-by-the-end-of-2023/