Die Haut bietet als größtes Organ des Menschen vielen Mikroorganismen ein gemütliches Zuhause. Egal ob Bakterien, Pilze, Viren oder Milben – jeder findet ein passendes Plätzchen. Jedoch sind nicht alle der heimlichen Bewohner harmlos, sondern können auch Ursache für viele Hautkrankheiten sein oder diese sogar begünstigen. Die Gesamtheit dieser Organismen wird auch als Hautflora bezeichnet.
Bakterien
Propionibakterien und Staphylokokken dominieren die Hautbereiche mit hohem Anteil an Talgdrüsen. In den besonders feuchten Gegenden finden sich Corynebakterien, die in Zusammenarbeit mit Staphylokokken für den typischen Schweißgeruch verantwortlich sind. Frischer Schweiß ist eigentlich geruchslos und fängt erst an zu miefen wenn die Bakterien mit dessen Zersetzung loslegen.
Pilze
M. globosa, M. restrita und M. sympodialis sind ein Dreiergespann der Spezies Malassezia und fühlen sich auf Rücken, Kopfhaut und im Leistenbereich pudelwohl.
Milben
Der menschliche Talg ist für Demodex Milben (Haarbalgmilben) besonders schmackhaft, weshalb diese kleinen Spinnentiere unsere Haut so lieben. Hierbei unterscheidet man zwei der 0,2 bis 0,4 mm großen Tierchen: Demodex folliculorum und Demodex brevis. Demodex folliculorum lebt im Haarfollikel in einer Art WG mit Gleichgesinnten und Demodex brevis fristet sein Dasein allein in den fettreichen Talgdrüsen am Rande des menschlichen Augenlids. Ab und an schaut das Körperende einer ausgewachsenen Milbe aus dem Follikelausgang raus, wobei die Bewohner fast durchsichtig und kaum wahrnehmbar sind.
Viren
Bezüglich der Virenbesiedlung ist noch wenig bekannt, jedoch wird vermutet dass sogar pathogene Viren einen Teil der Hautflora ausmachen.
Einteilung der Hautflora
Residente Mikroflora
Jeder hat schon Mal etwas vom Säureschutzmantel der Haut gehört. Dieser wird von den ständig auf der Haut lebenden Mikroorganismen – der residenten Mikroflora, aufgebaut. Sie verarbeiten unseren Talg und sorgen somit für einen sauren pH-Wert der Haut. Jener saure pH-Wert schützt uns vor Krankheitserrgern und ermöglicht eine bessere Funktion wichtiger Enzyme.
Gebt Acht auf eure residente Hautflora, denn sie schützt euch vor Krankheitserregern!
Transiente Mikroflora
Trotz der Tatsache, dass unsere Haut permanent Mikroorganismen ausgesetzt ist, kann sie zwischen harmlosen und schädlichen Ankömmlingen unterscheiden. Hilfestellung leistet in solchen Fällen Staphylococcus epidermidis., welches in der Lage ist die Besiedlung durch Eindringlinge zu verhindern.
Besiedlungsfaktoren
Wie das Mikrobiom aufgebaut ist, hängt nicht nur vom Wirt selbst ab sondern auch von der Umwelt. Geschlecht und Alter beeinflussen die mikrobielle Flora der Haut zusätzlich. Vor allem während der Pubertät erhöht sich der Anteil an fettliebenden Bakterien, da sich in dieser Zeit die Talgproduktion deutlich erhöht. Zu den äußeren Faktoren zählt das Klima, die Kleiderwahl, die Vewendung von Antibiotika, Kosmetika und persönliche Hygiene. Was man auch nicht außer Acht lassen sollte, ist die Ernährung. Mittlerweile ist bekannt, dass einige Lebensmittel die Sebumproduktion erhöhen können und somit eine Lebensgrundlage für fettliebende Bakterien und Pilze schaffen.
Zusammenhang zwischen Hautproblemen und der Hautflora
Akne
Propionibacterium acnes. bewohnt Talgdrüsenfollikel, die dem Bakterium eine anaerobe und fettreiche Lebensgrundlage bieten. Hier fühlt sich P. acnes so wohl, dass es freudig Enzyme ausscheidet die zu Verletzungen und Entzündungen führen.
Atopische Dermatitis (Neurodermitis)
Im Vergleich zu gesunder menschlicher Haut weisen Betroffene von Neurodermitis ein stark verändertes Mikrobiom auf. Sie sind sehr anfällig für S. aureus, ein Bakterium das Entzündungen verursachen kann wenn es die Möglichkeit hat sich auszubreiten. Außerdem reagieren AD-Patienten stark auf Herpesviren.
Viele problematische Bakterien fühlen sich in einem sauren Mileu total unwohl! Das ist ein weiterer Grund auf den Säureschutzmantel zu achten und die hilfreichen Bakterien nicht unnötig zu entfernen.
Rosazea
3 % aller Menschen auf unserem Planeten leiden unter Rosazea. Vor allem die Hellhäutigen unter ihnen sind betroffen und müssen mit dieser entzündlichen Hautkrankheit leben. Man vermutet, dass Haarbalgmilben ihren Teil dazu beitragen. Die kleinen Tierchen sind bei Rosazeapatienten nämlich stärker vertreten als bei gesunden Menschen und führen in solch großer Anzahl nicht nur zu einer gestörten Hautbarriere, sondern auch zu Entzündungen.
Seborrhoische Dermatitis und Schuppen
Seborrhoische Dermatitis zählt auch zu den chronischen Hautkrankheiten, welche unter anderem durch den Pilz Malassezia verursacht wird. Die Diagnose wird meistens während der Pubertät gestellt, weil es in dieser Zeit zu einer erhöhten Talgproduktion kommt und somit zu einer stärkeren Besiedlung durch den Pilz. So ist es nicht verwunderlich, dass vor allem Männer davon betroffen sind. SD macht sich durch starken Hautausschlag (mit gelblichen Schuppen) auf Kopfhaut, Augenbrauen sowie Augenlidern bemerkbar und kann mit Juckreiz einhergehen.
Von Schuppen ist fast die Hälfte der Weltpopulation betroffen. M. restricta und M. globosa begünstigen diese Form von Seborrhoe indem sie den Talg in reizende Fettsäuren spalten, die Haut überwuchern und Krustenbildung begünstigen. Auch die Freigabe von Arachidonsäure führt zu endzündlichen Prozessen. Gängige Behandlungsmethoden zielen darauf ab antimykotische Stoffe zu verwenden und somit den Pilzen Einhalt zu gebieten.
War euch bis dato klar, dass manche der Mikroorganismen unsere Haut schützen und es nicht immer sinnvoll ist 99,9 % von ihnen abzutöten?
Quellen
Schommer NN, Gallo RL. Structure and function of the human skin microbiome. Trends in microbiology. 2013;21(12):660-668. doi:10.1016/j.tim.2013.10.001.
Grice EA, Segre JA. The skin microbiome. Nature reviews Microbiology. 2011;9(4):244-253. doi:10.1038/nrmicro2537.
Leyden JJ, McGinley KJ, Kligman AM. Role of Microorganisms in Dandruff. Arch Dermatol. 1976;112(3):333–338. doi:10.1001/archderm.1976.01630270013003
Wang Y, Kuo S, Shu M, et al. Staphylococcus epidermidis in the human skin microbiome mediates fermentation to inhibit the growth of Propionibacterium acnes: Implications of probiotics in acne vulgaris. Applied microbiology and biotechnology. 2014;98(1):411-424. doi:10.1007/s00253-013-5394-8.
Richard A. Bojar, Keith T. Holland, Acne and propionibacterium acnes, Clinics in Dermatology, Volume 22, Issue 5, 2004, https://doi.org/10.1016/j.clindermatol.2004.03.005. (http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0738081X04000380)
11 Kommentare
Sehr toller Beitrag mal wieder von dir. Da ich seit mittlerweile 10 Jahren an Akne leide, und auch reizfreie Reinigung und Pflege diese Akne nicht komplett ausschalten konnte bin ich schonmal auf diese Milben gestoßen, und bei Amazon wird eine in meinen Augen überteuerte creme dazu angeboten. Was mich neugierig macht, sind die sehr vielen positiven Bewertungen. Die Creme heißt Demoderm. Hast du davon schonmal gehört?
Liebe Grüße
Ina
Wow, sehr interessant!
Danke, dass du auch mal solche ungewöhnlichen Themen aufgreifst, von denen die meisten von uns noch nicht viel gehört haben.
Dass auch gute Bakterien auf der Haut leben, die für den Säureschutzmantel sorgen, wusste ich zwar – aber noch nicht, was da sonst noch alles lebt! Ich finde das Thema aber wirklich sehr spannend!
Möchtest du vielleicht noch einen weiterführenden Artikel schreiben, wie bzw. ob man die Zusammensetzung der Hautflora beeinflussen kann, wenn man an Probleme (wie z.B. Akne) hat?
Ich fände einen weiteren detaillierten Artikel zu Hautmilben sehr spannend.
Alles klar! Ist notiert 🙂
Toller Beitrag!!! Übersichtlich mit viel Information, aber trotzdem so kurz wie möglich gehalten.
Werde deinen Beitrag einer Freundin weiterempfehlen. Sie hat starke Probleme mit Akne und “hört” noch auf Werbeversprechen und hofft auf ein Wunder, weshalb es nichts bringt, wenn ich ihr etwas empfehle. Sie muss sich die Informationen selbst erarbeiten und dazu ist dein Beitrag, wie ich finde, ein toller Einstieg.
Wirklich sehr sehr spannend (das Video kann ich gerade nur im Büro nicht anschauen), aber der eine Satz ist ganz schön ekelig XD „Ab und an schaut das Körperende einer ausgewachsenen Milbe aus dem Follikelausgang raus,“ wäh wäh wwäääh
Ja, ein sehr spannendes Thema 😀 Klingt eklig, aber wir nehmen es ja nicht wirklich wahr – Gott sei Dank.
Hallo Shenja,
mir war/ist bewusst dass auf der Haut auch sehr nützliche Bakterien leben.
Meine Frage ist: leben immer Demodex Milben auf bzw. „in“ einem? Und sind diese nützlich/neutral für die Haut/Person? Außer wenn durch äußere Einflüsse diese jetzt mehr werden und überhand werden dann wird es erst „schädlich“ für den Menschen?
LG siesn
Hi siesn,
Milben leben immer auf der Haut. Es gibt aber unterschiedliche Arten, die auch nach dem geografischen Standort des Wirts variieren 🙂
Die kleinen Tierchen sind kommensal, d.h. sie ernähren sich von Überschüssen ohne uns zu schaden. Würde sie also eher als „neutral“ einordnen.
LG
Shenja
Mega interessant und super hilfreich, vielen Dank für die Mühe, die sichtlich in diesen Artikel geflossen ist! Verrückt, was auf unserer Haut so alles los ist ?
Freut mich, dass dir der Artikel gefallen hat 🙂
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