Koreanische Sonnencreme schützt nicht?

„Koreanische Sonnencreme schützt nicht.“ mag eine steile These sein, aber was ist wenn ich euch sage dass sich diese Behauptung vor allem auf Social Media verbreitet wie ein Lauffeuer und Menschen verunsichert. Schauen wir uns mal an welche Belege für diese Aussage existieren.

Nicht vorhandener UV-A Schutz?

„Koreanische Sonnencreme taugt nichts, weil die Produkte keinen UV-A Schutz haben.“ Ja, Sonnencreme sollte nicht nur vor UV-B sondern auch vor UV-A Strahlung schützen. Die Gründe dafür könnt ihr euch in diesem Beitrag nochmal vor Augen führen. Dass Sonnenschutzmittel aus Südkorea keinen Schutz vor UV-A Strahlung bieten, lässt sich relativ schnell widerlegen weil viele Marken ermittelte Schutzwerte transparent kommunizieren z. B. in ihren eigenen Shops oder aber auch bei Yesstyle.

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Hinzu kommt, dass die Produkte eine sogenannte PA-Kennzeichnung zur Einordnung des UVA-Schutzes aufweisen. Das ist für Sonnencremes in Südkorea aber auch Japan nicht ungewöhnlich; wohingegen wir uns innerhalb der EU eher am UVA-Siegel orientieren. Während in der EU vorrangig eine in-vitro Methode (ISO 24443) zur Bestimmung des UVA-Schutzes genutzt wird, wird dieser in Japan und Südkorea mithilfe von Probanden – also in-vivo – ermittelt (ISO 24442). Beide Standards reihen sich laut Uli Osterwalder – einem Experten in diesem Bereich – in einer ähnlichen Kategorie ein und sind innerhalb der EU gleichermaßen anerkannt.

PA++++ bedeutet, dass der UVA-Schutz/PPD > 16 ist. Das eingekreiste UVA-Siegel sagt aus, dass der UVA-Schutz mindestens einem Drittel des UVB-Schutzes (SPF) entspricht. In diesem Fall würde der UVA-Schutz/UVA-PF bei mindestens 16 liegen.

Korea: andere Wetterbedingungen, andere Sonnencreme?

UV-Index weltweit | Quelle: https://www.temis.nl/uvradiation/UVindex.php

„Koreanische Sonnencreme muss nicht so gut wie Europäische sein, weil dort anderes Wetter herrscht.“ Orientieren wir uns an den Empfehlungen des Bundesamts für Strahlenschutz laut der Sonnencreme & Co. ab einem UV-Index von 3 erforderlich sind, wird klar dass diese Behauptung nicht faktenbasiert ist. In Seoul, der Hauptstadt von Südkorea, wird in den Frühlings- und Sommermonaten unter anderem aufgrund der geografischen Lage ein UV-Index zwischen 5 und 11 erreicht. Nur zum Vergleich: am 20.7.2024 wurde für Berlin ein UV-Index von 6 und für Seoul ein Wert von 10 berechnet.

Quelle: https://www.bfs.de/

Während der Sommermonate hat die Regenzeit Südkorea im Griff und zeitgleich ist es sehr warm. Dieser Umstand sorgt für eine relative Luftfeuchtigkeit von über 80 %. Nur zur Erinnerung: im Allgemeinen werden 40 bis 60 % als angenehm empfunden. Obwohl Korea als Halbinsel klimatisch vom Festland und den angrenzenden Meeren beeinflusst wird, ändert das nichts an den gängigen Empfehlungen was den UV-Index betrifft.

Sonnencreme als Alltagsprodukt?

Außerdem zeigen Befragungen dass Sonnencreme einen höheren Stellenwert hat als bei uns in Deutschland. Laut einer internationalen Umfrage aus dem Jahr 2017 mit 5.600 Teilnehmer*innen haben 12 % der aus Korea stammenden Personen angegeben keine Sonnencreme zu verwenden während es in Deutschland 28 % waren. Außerdem zeigte sich weiter: nur 16 % der Deutschen gaben an Sonnencreme das ganze Jahr über aufzutragen. Bei den Koreaner*innen waren’s 58 %, also mehr als drei Mal so viele! (Surber, C. & Osterwalder, U. (2021). Challenges in sun protection. Karger Medical and Scientific Publishers.)
Hierzu passt außerdem eine für die AOK durchgeführte Befragung aus dem Jahr 2024 laut welcher knapp die Hälfte der deutschen Bevölkerung vergisst Sonnencreme aufzutragen und gerade mal 41 % Mittagssonne bewusst meiden.

Eine aktuellere Umfrage aus dem Jahr 2022 an der 1.500 Frauen aus Südkorea teilgenommen haben, zeigt dass Sonnenpflege eine der höchsten Nutzungsraten innerhalb der Skincare und Make-Up Routine aufweist. All das deutet zumindest darauf hin, dass Sonnencreme in Korea eher ein Alltagsprodukt ist – wahrscheinlich auch aufgrund des vorherrschenden Schönheitsideals gering pigmentierter Haut.

Dies können Anhaltspunkte dafür sein, dass koreanische Sonnencremes oftmals weniger schwer anmuten, einfacher in den Alltag zu integrieren sind und deren Hauptaugenmerk auf dem Tragekomfort liegt.

UV-Kameras & Gadgets

Beispiel für ein UV-Gadget, das man bei Aliexpress erwerben kann

Kommen wir zum nächsten Punkt: UV-Gadgets und Kameras, welche zum Großteil nur die UV-A Strahlung durchlassen bzw. „abbilden“. Bei professionellen UV-Kameras findet man meistens genaue Spezifikationen zum Sensor, der Lichtempfindlichkeit & Co. Anbieter der kleinen Gadgets machen diese Infos leider nicht öffentlich zugänglich. Jene Geräte werden mit dem Smartphone verbunden und sollen aufzeigen an welchen Stellen man vergessen hat Sonnencreme aufzutragen. Eingecremte Areale erscheinen nämlich deutlich dunkler, weil Sonnencreme UV-Strahlung absorbiert. Was hat das nun mit koreanischer Sonnencreme zutun? Mithilfe dieser Gadgets wird versucht aufzuzeigen, dass koreanische Sonnencremes im Vergleich zu den europäischen keinen adäquaten Schutz bieten würden weil sie beispielsweise weniger dunkel dargestellt werden. Dieser Rückschluss ist jedoch höchst unwissenschaftlich.

Und zwar weil viele Faktoren existieren, die das Ergebnis beeinflussen können. Einer davon: Glanz. Ist die Sonnencreme glänzend, dann kommt’s zu Reflexion welche jene Bereiche fast weiß aussehen lässt. Selbiges trifft auch auf den natürlichen Glanz der Haut zu. Das kann unter anderem mit sogenannten Polarisationsfiltern umgangen werden, die allerdings bei den kleinen Gadgets keine Relevanz haben.

Und wer sich mit Fotografie beschäftigt, weiß dass die Lichtquelle eine große Rolle spielt – ähnlich verhält es sich mit der Empfindlichkeit des Kamerasensors sowie der Beschaffenheit der Linse. Um reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten, ist eine feste Lichtquelle die sich nicht verändert wie es z. B. beim Sonnenlicht der Fall ist, unabdingbar – vor allem wenn man versucht generalisierte Aussagen über irgendwelche Sonnencremes zu treffen.

UV-Filter als weiterer Einflussfaktor

UV-Filter wie Titandioxid, Zinkoxid, MBBT (INCI: Methylene Bis-Benzotriazolyl Tetramethylbutylphenol), TBPT (INCI: Tris-biphenyl triazine), PBDT (INCI: Phenylene Bis-Diphenyltriazine) und HAA299 (INCI: Bis-Diethylaminohydroxybenzoyl Benzoyl Piperazine) können je nach Konzentration und Partikelgröße für hellere Ergebnisse sorgen weil sie einen Teil der UV-Strahlung reflektieren bzw. streuen. Einige getönte Produkte haben sich in dieser deskriptiven Studie auch als Herausforderung für UV-Kameras herausgestellt.

UV-Kameras fürs Handy können aufzeigen welche Bereiche beim Eincremen vernachlässigt wurden. Das kann durchaus hilfreich sein. Aber aus den Ergebnissen schließen zu wollen, dass bestimmte Sonnencremes nicht schützen und man diese meiden sollte, ist schlichtweg fragwürdig.

Hier sieht man ganz deutlich, dass obwohl nur die Hälfte der benötigten Menge (1mg/cm²) aufgetragen wurde der eingecremte Bereich dennoch schwarz aussieht. © Caitlin Horsham, Helen Ford, Jeremy Herbert, Alexander Wall, Sebastian Walpole, Elke Hacker. Originally published in JMIR Dermatology (http://derma.jmir.org), 26.05.2021.

Fazit

 

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Ein Beitrag geteilt von Shenja Cerzo (@inci.pedia)

Betrachten wir die Zahlen ganz nüchtern, dann kann man sich eigentlich nur über jede einzelne Person in Deutschland freuen, die eine passende Sonnencreme für sich gefunden hat – egal ob sie aus Südkorea oder der EU stammt. Denn bei uns ist das Verwenden von Sonnenschutzmitteln noch nicht im Mainstream angekommen und solche Gerüchte tragen sicherlich nicht zu einer Verbesserung der Situation bei. Wenngleich Sonnencreme nicht die einzige und verlässlichste Maßnahme ist um sich vor UV-Strahlung zu schützen, lässt sich das Thema ganz einfach zusammenfassen: die beste Sonnencreme ist diejenige, die du regelmäßig und in korrekter Menge auftragen kannst.

Quellen